Intuit - vom Softwarehersteller zur Finanzplattform
Die Idee für Intuit haben Scott Cook und seine Frau Signe Ostby vor 30 Jahren, als gerade Personalcomputer aufkommen und sie sich fragen, ob Computer das Bezahlen von Rechnungen und das Verwalten der privaten Finanzen einfacher machen können. Am Schwarzen Brett der Stanford University sucht Cook einen Programmierer und findet den Informatik-Studenten Tom Proulx, der in seinem Wohnheim die erste Version von Quicken schreibt. Ein Programm, um Einnahmen und Ausgaben zu erfassen und Überweisungen auszuführen. Was simpel klingt, ist zu der Zeit revolutionär, weil die Menschen enorm viel Zeit damit sparen können. Viele Freiberufler und Kleinunternehmer schaffen sich damals PCs nur an, um Quicken nutzen zu können. Quicken wird zur Keimzelle des Unternehmens, das Cook und Proulx 1983 gründen und das sie Intuit nennen.
Wie bei Apple besteht auch dieses Gründer-Duo aus einem Techniker (Proulx) und einem Marketing-Experten (Cook). Proulx kann nicht nur programmieren, sondern gilt als einer der Miterfinder des modernen Usability Testings. Er holt sich Leute von der Straße, setzt sie vor einen Computer und misst mit einer Stoppuhr die Zeit, die sie für das Ausfüllen eines Schecks brauchen. Mit dieser Methode wird Quicken sehr schnell sehr viel besser und seine Usability Tests zum Industriestandard.
Rettung in letzter Sekunde
Das Programm ist zwar gut, aber der Vertrieb klappt nicht. Proulx hat geliefert, hat Cooks Idee, dass die Banken die Programme an ihre Kunden verkaufen, funktioniert nicht. 1985 steht Intuit kurz vor der Pleite, als Cook alles auf eine Karte setzt: Mit dem letzten Geld startet er eine Marketing-Kampagne, um Quicken direkt zu vertreiben. Und hat Erfolg. Ende der achtziger Jahre wird Quicken zur Killer-App für viele PCs, die sich über Mundpropagnada von allein vertreibt. Der Marktanteil klettert auf 70 Prozent.
Doch Cook und Proulx ruhen sich nicht auf dem Erfolg mit Quicken aus. 1992 folgt die Buchhaltungssoftware Quickbooks, 1993 der Börsengang. Intuit wächst und wächst. TurboTax kommt hinzu, ein Programm für die Steuererklärung. Aber das Power-Couple zerbricht: Proulx steigt aus und Cook heuert den Apple-Veteranen William Campbell als CEO an, um sich weiterhin um die Strategie kümmern zu können. Der Plan geht auf.
Der Big Deal mit Bill Gates
Intuit gerät ins Blickfeld der ganz Großen. Microsofts Konkurrenzprodukt Money erreicht nur 22 Prozent Marktanteil und kommt gegen Quickens 70 Prozent nicht an. Bill Gates will mit Intuit fusionieren und Cook ist bereit für den großen Deal. Allerdings läuft die Konkurrenz Sturm und schließlich blockieren die Kartellbehörden den Mega-Merger.
Mit dem Aus scheint auch Cooks Glückssträhne beendet zu sein. Mitte der neunziger Jahre ist der Markt gesättigt, die Konkurrenz aufgewacht und das aufkommende Internet läutet den Anfang vom Ende nicht vernetzter Software ein. Der Aktienkurs von Intuit fällt zwischen 1995 und 1997 um 72 Prozent. Cook muss Mitarbeiter entlassen und Fortune schreibt "Quicken ist vorbei. Erledigt."
Doch es ist genau das die Zeit, in der das moderne Intuit entsteht. Cook ist ein Kämpfer und beginnt, Intuit in eine moderne Internet-Firma umzubauen. Er verkauft einige Firmenteile und investiert 40 Millionen Dollar in Excite, eine der ersten Internet-Suchmaschinen, um dort exklusiver Anbieter von Steuer-, Finanz- und Versicherungssoftware zu sein. Später kauft AOL den Konkurrenten Excite und Cook ergattert auch im viel größeren Online-Dienst die Rolle des exklusiven Finanzpartners. Im Windschatten dieses Deals steigt Quicken.com zur populärsten Finanzseite im Web auf und der Aktienkurs von Intuit beginnt wieder zu steigen.
Der Turn-Around ins Internet-Zeitalter
Fortan verbindet Intuit die alte analoge mit der neuen digitalen Welt. Schon 1999 launcht Cook den Quickbooks Online Payroll Service, um Nutzer mit Banken oder Steuerberatern zu verknüpfen. Von Plattformökonomie spricht damals noch niemand, aber Cook spürt wohl, wohin die Reise geht. Ende des Jahres haben sich die ersten 6000 Unternehmen für den Online-Dienst angemeldet. Cook ist wieder im Angriffsmodus, akquiriert Unternehmen am Fließband, schließt Partnerschaften mit Fidelity oder Vanguard und baut Intuit zu ersten "e-Finance-Company" im noch jungen Internet auf - und in der Folge weiter aus.
Das Platzen der Dot-com-Blase trifft aber auch Intuit hart. Ähnlich wie bei Amazon dauert es bis zum Ende des Jahrzehnts, bis die Börse die Arbeit belohnt. Seit 2010 hat der Aktienkurs 1900 Prozent zugelegt und Intuit mit einer Marktkapitalisierung von 155 Mrd. Dollar zu einer der wertvollsten Plattformunternehmen der Welt gemacht.
Plattform für Finanzen - und Marketing
Heute bietet Intuit Dienstleistungen für drei Kundengruppen an: (1) Allgemeine Verbraucher, (2) professionelle Buchhalter und (3) KMU. Das Unternehmen bietet beispielsweise Finanz- und Steuerprodukte für Privatkunden an, zu denen Einzelunternehmer und Freiberufler gehören, die eine bessere Kontrolle über ihre Finanzen erlangen und einfachere Methoden für die Verwaltung von Steueranforderungen nutzen wollen.
Intuit erzielt seine Einnahmen in erster Linie durch den Verkauf verschiedener Softwareprodukte zur Steuererstellung, Gehaltsabrechnung und Buchhaltung. Darüberhinaus betreibt das Unternehmen einen Anwendungsmarktplatz, der den Verkauf von Anwendungen Dritter erleichtert, und bietet in Zusammenarbeit mit Finanz- und Technologiepartnern auch Kreditdienstleistungen für kleine Unternehmen an. Das Unternehmen verwaltet ein Netz anderer Partner, darunter Entwickler, Wiederverkäufer, Distributor und Tochtergesellschaften. Die Leistungsfähigkeit der Plattform für virtuelle Experten ermöglicht Intuit, die Intelligenz seiner Produkte zu skalieren, Experten zu Beratern zu machen und ihren Kunden einen Mehrwert zubieten. Die Live-Produktangebote leisten einen wichtigen Beitrag zum Geschäft und die KI-gesteuerte Expertenplattform hat ihre Skalierbarkeit und ihr Wachstum unter Beweis gestellt.
Die meisten Intuit-Produkte sind auf Selbstbedienungsbasis erhältlich, wobei Abonnements, Käufe und Downloads über die Intuit-Website verwaltet werden, ohne dass das Unternehmen selbst eingreift. Darüberhinaus hat Intuit vor kurzem „QuickBooks Cash“ auf den Markt gebracht - ein neu konzipiertes Bankkonto für kleine Unternehmen, das den Kunden leistungsstarke Tools für die Verwaltung ihres Geldes und die Bewältigung von Cashflow-Problemen bietet. Für produktbasierte Unternehmen hat Intuit damit eine offene Plattform geschaffen, die es ihnen ermöglicht, neue Kunden über verschiedene Kanäle zu gewinnen, zu verkaufen und letztlich ihr Geschäft auszubauen. „QuickBooks Commerce“ zielt also darauf ab, die Vertriebskanäle für produktbasierte Kleinunternehmen in einer zentralen Drehscheibe zu konsolidieren. „QuickBooks Commerce“ ist eine offene Plattform, d. h. Unternehmen können Verkaufsdaten von einer Reihe von Marktplätzen, Websites und Anbietern von Verkaufssystemen importieren. Amazon, ShopKeep und Squarespace sind Startpartner für QuickBooksCommerce.
"Credit Karma und Mailchimp bringen Intuit 5 bis 10 Jahre nach vorne"
Die Übernahmen von Credit Karma (7 Mrd. Dollar) im vergangenen Jahr und Mailchimp (12 Mrd. Dollar) in diesem Jahr übermauern die Ambitionen von Intuit. Sasan Goodarzi, der seit 2018 als CEO an Bord is, bezeichnet die Übernahmen als Gamechanger für Intuit: "Credit Karma und Mailchimp haben das Unternehmen wirklich um 5 bis 10 Jahre nach vorne gebracht. Sie brachten uns Fähigkeiten, mit denen wir, offen gesagt, experimentiert und versucht haben, sie aufzubauen". Seine Begründung: "50 % unserer Kunden müssen in den ersten fünf Jahren nach der Gründung ihr Geschäft aufgeben. 2/3 der Kunden sagen uns, dass ihr größtes Problem darin besteht, Kunden zu bekommen, und das zweitgrößte Problem ist ihr Cashflow. Mailchimp gibt uns die Möglichkeit, unseren Kunden zu helfen, ihr Geschäft online zu führen, ihr Geschäft mit Marketing-Automatisierung zu verbessern, ihre Kunden mit CRM-Funktionen zu verwalten und dann die Leistung von QuickBooks für Kostenvoranschläge, Rechnungen, Zahlungen und Zugang zu Kapital in die Hand zu nehmen, damit sie sicherstellen können, dass ihre Bücher richtig sind, wofür wir seit Jahren bekannt sind. In der Kombination liegt die Magie: Zum ersten Mal kann ein kleines Unternehmen seine Kunden- und Kaufdaten an einem Ort haben. Das ist deshalb so wichtig, weil die meisten kleinen Unternehmen zwar viel Marketing betreiben, aber meist nicht wissen, wie das Kaufverhalten ihrer Kunden aussieht. Sie wissen nicht, was die Kunden gekauft haben, wann sie es gekauft haben, wie viele Dinge sie gekauft haben, ob es Möglichkeiten gibt, ihnen mehr Produkte zu verkaufen, oder ob sie ein sehr spezifisches Targeting verwenden sollten. Deshalb kombinieren wir jetzt die Kundendaten von Mailchimp und QuickBooks mit der Erlaubnis der Kunden und legen die Macht dorthin, wo sie hingehört, nämlich in die Hände der kleinen Unternehmen."
"KI-getriebene Expertenplattform"
Intuit will 5 große Wetten gewinnen, die in den folgenden Videos erklärt werden:
Intuit gehört zum Portfolio des "The Original Platform Fund"
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