Plattform-Index 2021: Die Aktien, die niemand auf dem Zettel hatte
Der Plattform-Index hat das fünfte Jahr in Folge mit einem Zuwachs abgeschlossen. 2021 betrug das Plus 9,8 Prozent; im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre legten die Plattform-Aktien 32 Prozent zu.
Auf den ersten Blick folgt die Plattform-Ökonomie einem einfachen Muster: Die Großen werden immer größer, der Rest kann das Tempo nicht mitgehen. Tatsächlich haben Alphabet (+ 65 Prozent), Microsoft (+51 Prozent), Apple (+ 34 Prozent) und Meta (+ 23 Prozent) im vergangenen Jahr an den Börsen wieder starke Leistungen abgeliefert. Apple kratzt inzwischen an der 3-Billionen-Dollar-Marke, Alphabet ist inzwischen nah an die 2-Billionen-Marke herangerückt. Insofern liefert der erste Blick kein falsches Bild: Die großen Plattformen wachsen in hohem Tempo weiter – ungeachtet der Bemühungen der Regulatoren, ihre Marktmacht in geordnete Bahnen zu lenken.

Doch der zweite Blick offenbart eine Menge attraktiver Optionen über die Big-Techs hinaus: Unter den zehn Plattform-Aktien mit den höchsten prozentualen Zuwächsen im vergangenen Jahr finden sich viele kleine Werte aus China, Japan, Australien oder Kasachstan, die sicher nicht jeder Anleger auf dem Zettel hat: Renren, Life360, Usen-Next, Uxin oder Kaspi.kz haben 2021 erstmals den Sprung in die Top-Ten geschafft.
Auch wenn der Expansionswille der Big-Techs ungebrochen ist, lässt die Plattform-Ökonomie weiterhin viele Nischen frei, die konsequent erschlossen werden. Mehr als die Hälfte der großen Finanzierungsrunden der Risikokapitalgeber sind in den vergangenen drei Jahren in Plattform-Modelle geflossen, vor allem in die Branchen Mobilität, Finanzen, Lieferdienste und immer stärker auch B2B. Noch spiegelt sich der Aufschwung der B2B-Plattformen nicht an der Börse wider, aber Anbieter wie Faire weisen inzwischen zweistellige Milliardenbewertungen auf und werden nach dem IPO ein weiteres großes Wachstumsfeld für Plattform-Aktien an der Börse eröffnen.
Den Gewinnern stehen allerdings auch ungewöhnlich viele Verlierer gegenüber. Eine wichtige Ursache liegt in der scharfen Regulierung in China, unter der vor allem Kuaishou, IQIYI, Alibaba Health und VipShop mit Kursverlusten von mehr als 70 Prozent gelitten haben. Die Schwergewichte Alibaba (- 49 Prozent), JD.com (-20 Prozent) und Tencent (-19 Prozent) sind ebenfalls in der Gunst der Börsianer abgestürzt, da die Eingriffe des Staates in die Unternehmen weiterhin kaum vorhersehbar sind. Didis Rückzug von der US-Börse bedeutet sicher nicht das Ende der Regulierungswelle, so dass in China trotz der Qualität der Plattformen weiter Vorsicht angebracht ist.

Abgestraft wurden auch viele Gewinner des Corona-Jahres 2020. Bildungsplattformen wie Chegg oder Coursera haben mehr als Hälfte ihres Wertes im vergangenen Jahr verloren. Teladoc hat unter dem Druck der Shortseller rund 54 Prozent abgegeben, Farfetch und Pinterest jeweils mehr als 40 Prozent. Auch die Zahlungsdienste PayPal und Block (Square) standen im vergangenen Jahr eindeutig auf der Verliererseite, da ihre Märkte heftig umkämpft sind.
Für 2022 könnten die Rahmenbedingungen wieder günstiger aussehen: Ein mögliches Ende der Corona-Pandemie nach der Omikron-Welle, verbunden mit einem stabilen wirtschaftlichen Aufschwung, könnte den Blick wieder stärker auf die ökonomische Performance der Unternehmen legen. Und die ist weiterhin gut: Allein die 5 Big-Techs haben im vergangenen Jahr zusammen rund 300 Milliarden Dollar Gewinn erzielt und gehen mit den Trendthemen Metaverse und NFT die nächsten Wachstumsfelder an. Auch die Mobilitätsdienste könnten nach Jahren der Anlaufinvestitionen bald die Fürchte ihrer Arbeit ernten. Sollte sich zudem die Lage in China entspannen, könnte die Plattform-Ökonomie in diesem Jahr wieder mehr zulegen als die 18 Prozent im vergangenen Jahr. Geographisch bleibt der Schwerpunkt in den USA, auch wenn sich der Blick auf die kleinen, aber feinen Werte abseits der Hotspots weiterhin lohnen wird.
Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen können die hier erwähnten Aktien besitzen bzw. sind bereits z.B. über ein Investmentvehikel in diese Aktien investiert. Dieser Beitrag dient lediglich der allgemeinen Information und stellt eine freie Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar.
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